Kilian ist ein Treffpunkt für Jung und Alt - trotz Facebook oder WhatsApp
16.7.2018 Altschermbeck (geg). Seit jeher ist es Tradition am Kilianssonntag die heilige Messe zu besuchen. "Egal wie spät es geworden ist", sagt Bürgermeister Mike Rexforth.
So präsentierte sich die St. Ludergus Kirche am Sonntagmorgen brechend voll. Zelebriert wurde der Gottesdienst von Pastor Xavier Muppala. Seine Predigt fand großen Anklang, wie man in Gesprächen hörte.
Pastor Xavier Muppala hat sie uns zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.
Liebes Königpaar, ehrwürdige Alt-Majestäten, Schützen, liebe Brüder und Schwestern!
Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus! Seit einem Monat kann man überall in Schermbeck das Kilian-Fest spüren. Die Straßen werden gefegt, die Hecken sind getrimmt, die Häuser werden geputzt, und alle sind top fit für das kommende Fest. In Schermbeck gibt es eine eigene Zeitrechnung, „vor Kilian und nach Kilian.“ Viele Veranstaltungen gibt es in Schermbeck, aber Kilian bleibt Kilian. Gut So. Seit 1877, seit 141 Jahren ist Kilian ein Treffpunkt für Kinder und Erwachsene, Jung und Alt, Männer und Frauen.
Die Lesung aus dem Alten Testament erzählt davon, wie die Israeliten nach der Zerstörung Jerusalems und nach dem babylonischen Exil die Stadtmauern Jerusalems wieder aufbauen. Ein bisschen darf man sich das vorstellen, wie 1945 der Wiederaufbau und die Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft. Nehemia, der Anführer der Rückkehrer, berichtet über den Wiederaufbau und erwähnt in diesem Zusammenhang auch die ersten Schützen. Er sagt, „Wir aber beteten zu unserem Gott und stellten Tag und Nacht eine Wache auf, um uns vor Feinden zu schützen.“
Das Kilian-Schützenfest ist ein Fest der Freude, der Hoffnung und der Gemeinschaft. Aber es ist auch eine Gelegenheit, uns unsere Aufgabe und Verantwortung bewusst zu machen. Wir haben als Schützen die Aufgabe, Traditionen zu wahren und zu pflegen und die Zukunft zu gestalten; allerdings: ohne die Kultur des Mitmenschen herabzusetzen.
Tradition zu wahren und zu pflegen: was ist eigentlich unsere Tradition? Als ich im KiFeLa war, habe ich auf einer Tür ein von den Kindern gemachtes Plakat gesehen. Da stand: „Üfter-Mädels, Teamgeist und Tradition.“ Ich war sehr begeistert, dass schon die Kinder stolz auf ihre Tradition waren. Europäische Kultur und Tradition ist sehr stark geprägt vom christlichen Glauben. Sind wir stolz auf unsere christliche Tradition? Klar, unsere Eltern, Großeltern, Vorfahren haben uns ein sicheres Land, ein Leben in Menschenwürde hinterlassen. Aber was sagen unsere Kinder und Enkelkinder von uns nach 100 Jahren? Fragen Sie mal: Warum feiern wir Weihnachten? Die Antwort könnte sein „weil der Weihnachts-Mann kommt.“ Kein Kommentar.
Freunde treffen, Netzwerke schaffen: Kilian ist ein Treffpunkt für Jung und Alt. Trotz Facebook, WhatsApp, „Internet, Twitter, Instagram, und so vieler Internet Portale und Vereine: Kilian bleibt Kilian. Beim Gespräch mit älteren Schermbecker Ehepaaren erfahre ich oft: Wir haben uns an Kilian kennengelernt. Kilian als Ehevermittlung – ja, nicht nur Freunde treffen und schaffen, sondern auch den zukünftigen Lebenspartner finden, eine Ehe schaffen. Im Festzelt - auf jeden Fall besser als auf einem Dating-Portal im Internet.
Ich fühle mich besonders wohl im Kilian-Zelt. Vom Samstag bis Montag begegnen wir anderen Menschen. Freude, herzliches Lächeln, offenes Herz beherrscht die Atmosphäre im Zelt. Jeder kennt Jeden, Jede redet mit Jedem. Das geht ganz ohne Handy, Wetten dass? Genau so hat Jesus diese Gemeinschaft beim Tisch gegründet. Eucharistie oder Tisch–Gemeinschaft. Wie Jesus im Evangelium sagt, wir sollen unseren Nächsten lieben wie uns selbst. Nicht nur im Kilian Zelt, auch draußen. Wir sind ins Leben gerufen dass wir mit einander reden, einander beistehen, und einander schützen.
Zukunft gestalten. Der Prophet Nehemia hat seine Leute aufgerufen, „Wir aber beteten zu unserem Gott und stellten Tag und Nacht eine Wache auf, um uns vor Feinden zu schützen.“ Eine Zukunft zu gestalten bedeutet, mit Vertrauen auf Gott zu leben. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele gedacht, Deutschland und Japan gehen 1000 Jahre zurück. Alles war zerstört, wie damals in Jerusalem. Aber mit Vertrauen auf Gott haben die Menschen alles wieder aufgebaut, innerhalb von nur 50 Jahren. Heute ist Deutschland Weltmeister in vielen Bereichen, auch Fußball (jedenfalls bis heute Abend). Die Frage ist, wie gestalten wir die Zukunft für unsere Kinder, für kommende Generationen. Hinterlassen wir Werte, oder denken wir nur an unsere Bequemlichkeiten?
Überall in Schermbeck finden wir die Werbeaktion der Feuerwehr: „Wir brennen für den Einsatz, alles andere können wir löschen.“ Sehr attraktiv. Ich war der Meinung, dass es in Seelsorge und im Pflegebereich Personalmangel gibt, dass immer mehr Arbeit dabei auf immer weniger Schultern verteilt werden muss. Warum sollte man heute in einen Schützenverein oder anderen Verein eintreten, oder gar einen gründen? Der wichtigste Grund für die Mitgliedschaft in einem Schützenverein, Feuerwehr, Musik- oder Kultur-Verein ist die Gemeinschaft! Hier bekommt jedes Mitglied ein abwechslungsreiches und stabiles, soziales Leben. Auch wenn die Vereine von außen meistens als reine „Feier und Veranstaltungs“-Vereine angesehen werden, es steckt doch viel mehr dahinter. Man hält zusammen und unterstützt sich auch über das Vereinsleben hinaus. Das Evangelium formuliert das in dem einen großartigen Satz: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ und fasst damit alle Regeln, die es im Leben braucht, zusammen. Das heutige Kilian-Fest erinnert uns daran, dass wir unsere Kultur und Religion schützen müssen, ohne uns über andere Kulturen und Religionen zu erheben. Sind wir bereit?