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2023 war das nasseste Jahr an Emscher und Lippe seit 1931

5.1.2024 Emscher-Lippe Region (pd). . Lehre aus der jüngsten Hochwasser-Lage: „Schwammstadt-Prinzip“ muss oberste Leitlinie der Stadtplanung werden – Flächenverfügbarkeit ist jedoch ein großes Problem
Der Dezember 2023 setzte die Folge der zu nassen Monate deutlich fort. Im vergangenen Monat fielen im Schnitt im Emscher-Gebiet 155,8 mm Niederschlag. Damit ist der Dezember auf Platz 4 der nassesten Dezember ab 1931 und lag mehr als doppelt so hoch wie das 130-jährige Mittel von 73 mm. Im Lippe-Gebiet sind im Gebietsmittel 148,9 mm gefallen. Damit liegt der Dezember 2023 auch dort auf Platz 4 der nassesten ab 1931 und auch mehr als doppelt so hoch wie das 130-jährige Mittel von 68 mm. Lediglich sieben von 31 Tagen waren im Dezember niederschlagsfrei. Insgesamt betrachtet belegt das Kalenderjahr 2023 sowohl im Lippe-Gebiet als auch im Emscher-Gebiet Platz 1 der nassesten Jahre ab 1931! Die teils andauernden Niederschläge haben in den Verbandsgebieten von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) zu hohen Wasserständen in den Flüssen und Bächen geführt. Die Teams der beiden Verbände waren daher auch über die Feiertage im Einsatz – und sind es teilweise immer noch.

„Die aktuelle Niederschlags- und Hochwasserlage bestätigt unsere bereits vielfach geäußerte Prognose, dass wir in Folge des Klimawandels immer häufiger Regenereignisse erleben werden, deren Folgen wir heute kaum einschätzen können. Wir sehen uns darin bestätigt, dass wir bereits nach dem Juli-Hochwasser 2021 frühzeitig Planungen zur weiteren Verbesserung des Hochwasserschutzes an Emscher und Lippe begonnen haben und weiter fortführen müssen. Um unsere Region klimarobust zu gestalten, benötigen wir jedoch dringend mehr Flächen für Notpolder und Rückhalteräume. Die Flächenverfügbarkeit ist aber nach wie vor ein Problem und muss in der nachfolgenden Debatte zur aktuellen Hochwasserlage dringend diskutiert werden. Das Prinzip der „Schwammstadt“ muss zudem oberste Leitlinie der Stadtplanung werden, wenn wir in Zukunft für die Folgen des Klimawandels gewappnet sein wollen", sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV).

Anpassung an Folgen des Klimawandels hat an Emscher und Lippe bereits begonnen
„An Emscher und Lippe hat die Anpassung an die Folgen des Klimawandels bereits begonnen – und sie hält weiter an: Die klimawandelbedingte Zunahme von Extremwetterereignissen erfordert die Notwendigkeit weiterer Planungen für zahlreiche Maßnahmen in den kommenden Jahren“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft.

Mehr als fünf Millionen Kubikmeter an zusätzlichem Retentionsraum entstanden zur Optimierung des Hochwasserschutzes im Emscher-Gebiet während des Emscher-Umbaus zwischen 1992 und 2021. Vor allem am Oberlauf der Emscher entfalteten ganz aktuell die zahlreichen während des Emscher-Umbaus gebauten Hochwasserschutzanlagen ihre Wirkung und milderten die Folgen des Niederschlags im Gewässerbereich deutlich ab. Allein im Raum Dortmund hatte die Emschergenossenschaft in den vergangenen drei Jahrzehnten zahlreiche Hochwasserrückhaltebecken erstellt.

An der Lippe wurden seit 2016 die Deiche im Bereich Haltern-Lippramsdorf und Marl zurückverlegt und neugebaut, der Fluss hat künftig deutlich mehr Raum zur Entfaltung. Auch bei Datteln und Olfen wurde der Flussverlauf der Lippe in den vergangenen Jahren auf sechs Kilometern Länge naturnah umgestaltet. Im Hochwasserfall bieten sich dem Fluss nun natürliche Überflutungsflächen, zudem wurde die Fließgeschwindigkeit der Lippe durch die Maßnahme verringert – was einen reißenden Strom nach größeren Niederschlägen unterbindet. Auch beim Bau des Erlebensraumes Lippeauen in Hamm wurden Deiche zurückversetzt und Auenflächen geschaffen, was neben der Förderung der Artenvielfalt auch der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient.

Lehren aus dem Juli-Hochwasser 2021 gezogen
Unmittelbar nach dem Juli-Hochwasser 2021 hatten Emschergenossenschaft und Lippeverband weitere Planungen erarbeitet, um zusätzliche Optimierungen des Hochwasserschutzes in der Region zu gewährleisten. Die in der „Roadmap Krisenhochwasser“ zusammengefassten Maßnahmen sehen die Schaffung zusätzlicher Retentionsräume sowie Deicherhöhungen vor: Werden Hochwasserwellen an geeigneter Stelle zurückgehalten, steht weniger Wasser für die Überflutung vulnerabler Bereiche zur Verfügung – Schäden können gemindert oder gar ganz verhindert werden. Im Rahmen ihres Deichertüchtigungsprogramms wird die Emschergenossenschaft im Zuge der in den kommenden Jahren anstehenden Baumaßnahmen die Deiche um einen Klimafolgenzuschlag von 20 cm erhöhen. Bereits ausgebaut wurde das Pegel-Messnetz und die Hochwasservorhersage. Auf politischer Ebene setzen sich EGLV darüber hinaus für beschleunigte Genehmigungsverfahren ein, vor allem bei sogenannten No-Regret-Maßnahmen, die in jedem Fall Vorteile bringen.

Das Schwammstadt-Prinzip setzt die Emschergenossenschaft gemeinsam mit ihren Partner-Kommunen bereits seit fast 20 Jahren im Rahmen von Kooperationen wie der „Zukunftsvereinbarung Regenwasser“ oder der „Zukunftsinitiative Klima.Werk“ um. Zahlreiche Projekte zur Regenwasserabkopplung wurden bereits im gesamten Emscher-Gebiet umgesetzt. Das Prinzip dabei: Der Regen soll möglichst dort versickern bzw. verdunsten, wo er fällt. Kanalisationen und Kläranlagen werden dadurch entlastet, während die Grundwasserneubildung gefördert und Dürreperioden in heißen Sommermonaten vorgebeugt wird. Die Regenwasserrückhaltung in sogenannten Notpolderflächen kann zudem Flüsse und Bäche sowohl bei Starkregen als auch bei anhaltenden Niederschlägen entlasten und Hochwasserwelle deutlich abmildern. Ein Problem hierbei ist jedoch nach wie vor die schwierige Verfügbarkeit von benötigten Flächen.

Niederschlagsbilanz
Das Kalenderjahr 2023 schafft es sowohl im Lippe-Gebiet als auch im Emscher-Gebiet auf Platz 1 der nassesten Jahre ab 1931. Im Lippe-Gebiet fielen im vergangenen Kalenderjahr im Gebietsmittel 1130 mm. Das 130-jährige Mittel liegt bei 766 mm. Das sind 71 mm mehr als beim bisherigen Platz 1 von 1059 mm im Jahr 1965. Im Emscher-Gebiet waren es 1175 mm im Gebietsmittel. Das 130-jährige Mittel liegt bei 799 mm. Das sind 103 mm mehr als beim bisherigen Platz 1 von 1072 mm im Jahr 1966. Damit beendet das Kalenderjahr 2023 die fünfjährige Serie der zu trockenen Kalenderjahre von 2018 bis 2022.

Im Lippe-Gebiet lagen alle Monate über oder genau auf dem 130-jährigen Mittel. Acht Monate lagen deutlich drüber. Fünf Monate erreichten einen Monatsniederschlag über 100 mm. Der größte Monatsniederschlag des Kalenderjahres 2023 wurde im Dezember mit knapp 149 mm erreicht.

Neun von zwölf Monaten in 2023 lagen im Emscher-Gebiet über dem 130-jährigen Mittel – sieben davon deutlich. Drei Monate lagen knapp unter dem 130-jährigen Mittel. Sechs Monate erreichten einen Monatsniederschlag über 100 mm. Der größte Monatsniederschlag des Kalenderjahres wurde im Dezember mit zirka 156 mm erreicht.

Hochwassereinsatz bei EGLV seit dem 23.12.
Der Hochwassereinsatz bei EGLV begann mit dem Erreichen der ersten Hochwassermarke in Dorsten am 23.12., während im östlichen Lippe-Gebiet am 24.12. die Hochwasser-Einsatzschwellen erreicht wurden. An den meisten Pegeln wurde der Scheitel am 27.12. aufgezeichnet.

Bezirkshochwasserzentralen richteten Emschergenossenschaft und Lippeverband an der Östlichen Lippe (Lünen), der Westlichen Lippe (Dorsten) und an der Westlichen Emscher (Dinslaken) ein – die an der Westlichen Lippe ist aufgrund der hohen Pegelstände immer noch besetzt und im Einsatz. Kurzzeitig wurde am 1. und 2. Weihnachtstag auch die übergeordnete Hochwasserzentrale in Essen einberufen. Lagebesprechungen finden täglich statt, teilweise mehrfach am Tag. Während die Hydrolog*innen die Niederschlagssituation und die Entwicklung der Pegelstände permanent im Blick haben, kontrollieren die Betriebskolleg*innen vor Ort rund um die Uhr die Hochwasserschutzanlagen und beobachten die Gewässer genauestens, vor allem die Deichstrecken.

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