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Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand Lippeverband, Gerd Abelt, allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters Schermbeck, Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender Lippeverband, Charlotte Quik, Landtagsabgeordnete für Hamminkeln, Hünxe, Schermbeck, Voerde und Wesel, und Ingo Brohl, Landrat Kreis Wesel, beim Pressetermin auf der Kläranlage Schermbeck. (v.l.n.r.)

17,2 Mio. Euro: Lippeverband schließt Erneuerung der Kläranlage Schermbeck ab

28.3.2022 Schermbeck (pd). Die Erneuerungsarbeiten an der Kläranlage Schermbeck sind abgeschlossen. Seit 2016 wurde die Kläranlage auf den neuesten Stand gebracht und für den aktuellen Bedarf ausgebaut. Das Gesamtbudget des Projektes beläuft sich auf 17,2 Millionen Euro. Die Renaturierung des nahegelegenen Mündungsbereichs des Schermbecker Mühlenbachs schloss der Lippeverband bereits im vergangenen Jahr ab. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser kam heute (28. März) zum offiziellen Pressetermin nach Schermbeck.

Hier folgten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dem „Weg des Wassers“, denn nach dem mehrstufigen Klärprozess auf der Anlage fließt das gereinigte Abwasser dem Schermbecker Mühlenbach zu. Nach der letzten umfangreichen Sanierung in den 1990ern war die Kläranlage Schermbeck in die Jahre gekommen. Außerdem reichte das Behandlungsvolumen nicht mehr für die gestiegene Einwohnerzahl aus. Das millionenschwere Sanierungsprojekt fand während des laufenden Betriebs statt – denn als unverzichtbare Infrastruktureinrichtungen müssen Kläranlagen rund um die Uhr laufen.

Im Jahr reinigt die Kläranlage rund 1,3 Milliarden Liter Abwasser, was dem Inhalt von 15 Millionen Badewannen entspricht. Die Anlage liefert bei Normalabfluss mit etwa 40 Prozent einen beträchtlichen Teil der Wassermenge des Mühlenbachs.

Abwasserreinigung nun klimafreundlicher
In der sechs Jahre dauernden Sanierungsphase hat der Lippeverband die Anlagen komplett überarbeitet: Der Wasserverband hat unter anderem zwei große Nachklärbecken neu gebaut, für die das Areal der Anlage erweitert wurde. Durch die neue Anordnung musste der gesamte Reinigungsablauf und auch der Einlauf in den Schermbecker Mühlenbach überplant werden. „Kläranlagen machen mit rund 20 Prozent den größten Einzelposten des Energiebedarfs einer Kommune aus. Daher können Anlagenbetreiber durch einen hohen Grad an Energieautarkie einen nachhaltigen Beitrag für den Klimaschutz leisten“, sagte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser. Zusätzlich zu verschiedenen bau- und maschinentechnischen Erneuerungen erhielt die Kläranlage ein neues Prozessleitsystem, das den Steuerungsprozess verbessert. Folgen wird im Rahmen der Photovoltaik-Initiative des Lippeverbandes außerdem eine PV-Anlagen zur Stromerzeugung aus Sonnenenergie.

„Das Abwasser selbst wurde auch vor der Re-Investition sicher und gesetzeskonform gereinigt, nun ist die Technik aber zukunftsfest ausgebaut und das Reinigungsvolumen wurde erweitert. Durch den Bau eines Blockheizkraftwerks, das Klärgas direkt verstromt, senken wir außerdem die CO2-Bilanz“, fasste Dr. Emanuel Grün als Technischer Leiter des Lippeverbandes zusammen.

Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand Lippeverband, Gerd Abelt, allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters Schermbeck, Charlotte Quik, Landtagsabgeordnete für Hamminkeln, Hünxe, Schermbeck, Voerde und Wesel, Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender Lippeverband, Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, und Ingo Brohl, Landrat Kreis Wesel, zeigen auf den Vorher-Nachher-Fotos den renaturierten Mündungsbereich des Schermbecker Mühlenbachs. (v.l.n.r.)

Mündungsbereich naturnah umgestaltet
Somit ist die Anlage gerüstet für neue Herausforderungen, denn mittlerweile sind sämtliche Entwässerungsgebiete im Gemeindebereich Schermbeck an die Kläranlage angeschlossen. Das Wasser der Kläranlage fließt in unmittelbarer Nähe in den Schermbecker Mühlenbach, der knapp einen Kilometer unterhalb der Kläranlage in die Lippe mündet. Der Mündungsbereich wurde im Rahmen des Programms „Lebendige Lippe“ vom Lippeverband im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen naturnah umgestaltet. Ministerin Ursula Heinen-Esser hatte im Sommer 2021 den Spatenstich zu Beginn der Maßnahme begleitet.

Statt einer gerade und steil abfallenden Mündung fließt der Schermbecker Mühlenbach jetzt mit zwei weit ausholenden Bögen Richtung Lippe – dadurch gewinnt er rund 220 Meter an Länge. Die Renaturierungsarbeiten des Mündungsbereichs konnten zügiger beendet werden als geplant und blieben auch aus diesem Grund mit 3,6 Millionen Euro unter der Kostenkalkulation von 4,2 Millionen Euro.

Fluss wird sich ökologisch entwickeln
„Im Rahmen des Programms ‚Lebendige Lippe‘ ist es unser Ziel, dem längsten Fluss in NRW zu einem naturnahen Zustand zu verhelfen. Hier haben wir alle Voraussetzungen für die ökologische, notwendige Entwicklung geschaffen. Als wichtiges Fischgewässer ist der Mühlenbach nun an die Lippe angeschlossen, Flora und Fauna werden die Auenbereiche als Lebensorte besiedeln“, sagte Ursula Heinen-Esser.

„Ich denke, die Bilder sprechen für sich: Aus einem schnurgeraden, überformten Gewässer ist eine hochwertige Landschaft geworden – es wird spannend sein, die weitere Entwicklung zu beobachten. Dabei tragen wir den biodiversen Ansprüchen genauso Rechnung wie dem Hochwasserschutz“, fasste Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender des Lippeverbandes, zusammen. Als Rückstaufläche können sich Lippe und Mühlenbach bei hohen Wasserständen nämlich dank der abgesenkten Fläche in den Auenbereich des Schermbecker Mühlenbachs ausdehnen – ein positiver Effekt für den Hochwasserschutz.

Höhenunterschied ist ausgeglichen: Reisefreiheit für Fische!
Und wirklich: Das Gelände, das der Lippeverband im Auftrag des Landes NRW umgestaltet hat, ist nicht mehr wiederzuerkennen. Aus Gras- und Ackerflächen hat der Wasserwirtschaftsverband sanft ansteigenden Hügel gestaltet, Uferbereiche neigen sich nun flach Richtung Gewässeroberfläche. Der Bach fließt jetzt in zwei großen Schlingen Richtung Lippe. So konnte man die Höhenunterschiede – stolze 2,60 Meter – zwischen dem Mühlenbach und der Lippe ausgleichen. Nachdem der gesamte Bereich inklusive der zwei innovativen Sohlgleiten, die als Fischtreppen dienen, fertiggestellt war, erfolgte im Dezember der Durchstich zur Lippe.

Nachhaltige Bauausführung
Insgesamt hat der Lippeverband 36.000 Tonnen Bodenmaterial bewegt und den Mündungsbereich um 200 Meter nach Westen verlegt. Möglichst nachhaltig hat der Lippeverband die Bauausführung umgesetzt: Alte Bäume, die man bei den Aushubarbeiten gefunden hat, wurden als Totholz im Gelände platziert. Die Stämme dienen als Lebensraum für Kleinstlebewesen. Auch Schilfbestände sind ausgegraben und umgesetzt worden. Als besonders geschützter Bereich dient zukünftig ein „abgebundener“ Teil des alten Gewässerlaufs – in diesem wechselfeuchten Biotop bieten Steine Ruheplätze für Echsen und im stehenden Wasser finden Molche, Frösche und andere Amphibien einen Unterschlupf. Auch dieser Bereich kann im Hochwasserfall einstauen.

Stimmen zur Renaturierung
„Mit den Erneuerungsarbeiten an der Kläranlage sind wir in Schermbeck für die gestiegenen Herausforderungen einer wachsenden Gemeinde gut ausgestattet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – auch die Renaturierungsarbeiten im Mündungsbereich werten den gesamten Bereich auf.“ – Mike Rexforth, Bürgermeister Schermbeck

„Das Projekt ist eine wichtige Investition in die Zukunft der Region. Ich freue mich, dass wir hier ein ganzes Ökosystem mit einzelnen, aufeinander abgestimmten Maßnahmen möglichst naturnah umgestalten konnten. Die nun noch schadstoffärmere Kläranlage ist eine dieser Maßnahmen, von der Bürgerinnen und Bürger jetzt schon profitieren.“ – Bodo Klimpel, Verbandsratsvorsitzender Lippeverband

„Mit dem neuen Mündungsbereich hat man einen wertvollen Lebensraum geschaffen. Das Projekt zeigt, wie gut sich Wasserwirtschaft und Behörden ergänzen und gemeinsam wichtige Maßnahmen für die Region umsetzen können. “ – Ingo Brohl, Landrat im Kreis Wesel

Hintergrund
Die Kläranlage Schermbeck
Der Lippeverband betreibt seit den 1970er-Jahren für die Gemeinde Schermbeck die Abwasserreinigung auf der Kläranlage Schermbeck. Die Anlage wurde 1992 zum letzten Mal ausgebaut. Seit 2016 sanierte der Lippeverband die Anlage im großen Umfang und passte sie den Herausforderungen einer gestiegenen Einwohnerzahl von 16.000 auf 18.000 an. Dafür wurden unter anderem zwei große Nachklärbecken gebaut, die seit 2017 in Betrieb sind. Für den Bau hat der Lippeverband das Areal der Kläranlage in Richtung Schermbecker Mühlenbach erweitert. Mit einem Fassungsvermögen von jeweils 1.266 Kubikmeter Wasser ersetzen sie das einstige Nachklärbecken am gegenüberliegenden Ende der Anlage. Umgebaut hat man auch das Betriebsgebäude. Auch während Corona standen die Arbeiten nicht still: 2020 und 2021 hat der Lippeverband den Sandfang, das Vorklärbecken und die Faulbehälter erneuert. Der Bau einer neuen Fällmittelanlage sowie die Sanierung der Schlammsilos 1 und 2 seit Sommer 2021 markierten das Ende der Arbeiten.

Das Programm „Lebendige Lippe“
Der Lippeverband übernimmt im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen neben der allgemeinen Pflicht der Gewässerunterhaltung auch die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie an der Lippe. Hierzu hat das Land das Programm „Lebendige Lippe“ aufgelegt, das der Lippeverband in seinem Zuständigkeitsbereich umsetzt. Dieser erstreckt sich von Lippborg über rund 147 Kilometer Flusslauf bis zur Mündung in den Rhein bei Wesel und umfasst etwa 110 Quadratkilometer Auenfläche. Das Ziel des Programms „Lebendige Lippe“ ist die Entwicklung der Lippe zum guten ökologischen Zustand bzw. guten ökologischen Potenzial. Dies bedeutet eine langfristige Verbesserung und Wiederherstellung eines intakten Fluss-Auen-Ökosystems mit seinen fluss- und auentypischen Strukturen und Lebensgemeinschaften. Für das Landesgewässer Lippe werden zu 100 Prozent Landesmittel eingesetzt.

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